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Places: Ein Rückblick an einen ganz besonderen Ort – Soweto

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Es ist nun gut ein Jahr her, dass ich in Südafrika war und ich habe noch eine ganze Menge unveröffentlichtes Bildmaterial, um eine Menge Beiträge zu füllen. Im vergangenen Jahr ist eine Menge passiert, ich flog drei Tage nachdem ich meinen Heiratsantrag bekam und als ich wieder nach Hause kam standen weitere Ereignisse an: die Geburt der ersten Tochter meiner Freundin, eine meiner Freundinnen verkündete wiederum ihre Schwangerschaft. Rückblickend ist das letzte Jahr verflogen und ich war irgendwie ganz schön viel mit meiner Hochzeit beschäftigt, sodass ich nicht mal mehr genau sagen kann, wie mein Frühjahr verlaufen ist.

Nachdem nun der Hochzeitszauber vorbei ist und der Sommer sein Ende nahm, dachte ich über das Geschehene nach und musste immer wieder an einen bestimmten Ort zurückdenken, Soweto. So habe ich seit Wochen allabendlich Gedanken dazu im Kopf, die ich niederschreiben möchte, so geht es mir nur allzu oft. Leider verfliegen die Gedanken im Stress des Alltags oft wieder und die persönlichen Texte nehmen zunehmend ab. Das ist Punkt, den ich unbedingt angehen möchte, aber das passt eigentlich nicht zum Thema.

Heute nehme ich mir nun endlich mal Zeit meine Gedanken aufzuschreiben und deshalb gibt es nun rund ein Jahr nach meinem Besuch einen Bericht zu Soweto.

Die Eindrücke, die ich in diesem wunderbaren Land erlebt habe, holen mich immer wieder ein, spätestens in jedem meiner Urlaube. Ich habe im letzten Jahr etliche Orte bereist und viel gesehen, ich war in tollen Hotels, luxuriösen Spas, Restaurants, Beach Clubs und Bars, und doch bewegt mich kein Ort so sehr wie Soweto. Ich hatte einen Moment auf Mykonos, in dem mir Tränen in die Augen schossen und sich die Gedanken drehten. Wieviel Luxus ist eigentlich normal und warum gibt es einfach keine Grenzen mehr? Wieso gibt es soviel Ungerechtigkeit auf der Welt, so viel Geld auf der einen Seite der Welt und so viel Armut in anderen Teilen der Welt? Was ist eigentlich moralisch vertretbar und nehmen wir Luxus eigentlich noch bewusst wahr? Wann hört der Wunsch nach immer mehr auf und wann fangen wir endlich wieder an den Moment zu genießen?

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Der intensivste Moment, den ich im vergangenen Jahr erleben durfte war der Besuch in einer Art “Kiosk” in Soweto. An einem Hinterhaus, in einer kleinen Laube verkaufte eine Frau Dosenbier. Ein Dutzend farbige Einheimische saßen auf ausrangierten Autositzen, Holzkisten und maroden Bänken zusammen. Sie lachten, erzählten, tranken und rauchten. Und wir saßen mittendrin. Zwei deutsche Mädchen, ein weißer Südafrikaner und unser Guide TK, in dessen Hood wir uns bewegten. Die Männer schienen keine Touristen gewohnt zu sein, begrüßten uns aber mit Euphorie und Freude. Wir wurden akzeptiert und geduldet, an einem sehr intimen und einheimischen Ort. Wir saßen inmitten dieser Männer und tranken südafrikanisches Bier. Wir blickten auf den vergangenen Tag zurück, die Eindrücke aus dieser Stadt und erzählten über das Gesehene. Ich war glücklich, unheimlich glücklich und bewegt. Ich hatte keine Angst, ich war nicht fremd und doch war das ein Ort, an den ich selber nie gegangen wäre. Ich wurde von einer unglaublichen Glückseligkeit durchflutet, die ich zuvor noch nie erlebt hatte. Und dieser Moment kostete mich lediglich einen Tag in Soweto und ein afrikanisches Dosenbier.

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Ich war zufrieden und blickte ausschließlich in glückliche Gesichter. Gesichter von Menschen, die keine Arbeit hatten, die den ganzen Tag im Schatten saßen, die Zeit verrinnen ließen. Menschen, die eigentlich keine Perspektive haben und dennoch eine Art Glück empfanden.

Ich erlebte Soweto als einen friedvollen Ort, der mi von Zufriedenheit geprägt war. Und das obwohl wir in Kliptown, dem ärmsten Viertel von Soweto starteten. Hier sieht es so aus, wie wir es von Bildern kennen. Wellblechhütten und notdürftige Häuser, keine festen Straßen, keine Strom- und Wasseranschlüsse. Das ganze Gebiet gleicht eher einem Feld, als einer Stadt, doch laut Angabe von unserem Tourguide leben in dem gesamten Gebiet rund um Kliptown 45.000 Menschen (Wikipedia schätzt die Zahl weitaus geringer, ich berufe mich hierbei auf die Angabe unseres Guides. Da es hier keine richtigen Stadtgrenzen gibt wird der Unterschied so zu Stande kommen) Dank der dänischen Regierung wurden hier vor einigen Jahren 52 Wasserstellen geschaffen, um die Menschen mit fließendem Wasser zu versorgen. Das heißt eine Wasserleitung kommt auf 865 Menschen. Es gibt kaum Elektrizität. An den Straßenrändern stehen Container um Handys aufzuladen oder zu telefonieren. Die Menschen in Kliptown leben in Armut und sind zu mehr als 70 % arbeitslos. Die meisten Familien können sich keine Schuluniformen für Ihre Kinder leisten, deshalb werden sie nicht zur Schule geschickt. Ohne Geld gibt es keine Schuluniform, ohne Uniform keine Schule, ohne Schulbildung gibt es keine Perspektive, ein Teufelskreis.

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Dennoch sind die Menschen in Soweto auf Ihre Art zufrieden. Die Kriminalität ist in Soweto geringer als in Johannesburg City. Die Bevölkerung arrangiert sich, organisiert Ihren Alltag und schätzt was sie hat. Und damit möchte ich die gegenwärtigen Zustände nicht legitimieren. Aber wer noch nie Soweto verlassen hat, weiß auch nicht, was er vermisst. So hart dieser Satz auch klingt, so plausibel ist die Aussage unseres Guides TK jedoch. Er selbst lebt in Kliptown. Er stammt aus der Armut und lernte durch einen glücklichen Zufall eine reiche Australierin kennen, die ihm eine Schulbildung bezahlte, einen Pass und Kreditkarte organisierte und ihn in Ihr Heimatland Australien einlud. Die Geschichte, die wie ein Märchen oder eine kitschige Filmstory klingt ist wahr. Und TK erlebte als Jugendlicher die ganz andere Seite der Welt. Er kam zurück mit einem kleinen Budget und gründete sein eigenes Business, den TK Tourguide Soweto. Und den möchte ich Euch ganz besonders ans Herz legen, denn TK lebt immer noch in Kliptown, hilft seinen Mitmenschen und organisiert Spendenaktionen und Schuluniformen für die Familien seines Ortes. Er sieht die Missstände in seinem Ort, von denen niemand eine Ahnung hat und sein größter Wunsch ist es, dass jedes Kind in seinem Ort zur Schule gehen kann, damit es die gleichen Perspektiven sehen kann, die er erleben und nutzen durfte.

Alle Infos zu TKD Tours findet Ihr hier bei Facebook.

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Diese Reise wird für immer einen nachhaltigen Eindruck bei mir hinterlassen, ich werde mich wohl auf ewig mit diesem Ort verbunden fühlen und weiterhin versuchen zu helfen. Nach meiner Mini-Spendenaktion im Kinderheim habe ich TK und seinen Kids im Sommer eine Freude machen können, mit Fußballtrikots und Fußbällen. Viel wichtiger sind natürlich nachhaltige Hilfsmittel wie Schuluniformen. Wenn Ihr Interesse habt auch zu helfen, hinterlasst mir einen Kommentar, dann werde ich den Kontakt zu TK und seiner Spendenaktion herstellen.

Dieser Beitrag soll keine Moralpredigt sein. Ich habe mich selbst erschrocken wie schnell man den Schalter im Kopf wieder umlegen und in der “normalen” Welt sein kann. Ich bin ein Blogger, ich bin ein Opfer des Konsums und materielle Dinge bestimmen nur allzu oft mein Leben. Und in meiner Welt ist es schwer sich davon zu befreien und ich denke ich schaffe das nicht. Dennoch habe ich das Bewusstsein, dass das nicht selbstverständlich ist, dass es Nöte und Sorgen auf der Welt gibt, mit denen wir im Alltag nicht konfrontiert werden. Ich werde mir diese Reise immer wieder ins Bewusstsein rufen und mein Verhalten reflektieren.

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